Das neue Cannabisgesetz sorgt nicht nur für legale Anbauvereine und mehr Eigenanbau – es wirbelt auch die Justiz auf. In Erfurt müssen mehrere große Drogenprozesse erneut verhandelt werden. Grund ist eine wegweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe. Neue Cannabis Urteile sorgen dafür, dass Richter Fälle jetzt erneut aufrollen müssen.
Neue Rechtslage verändert alte Urteile
Seit April 2024 ist Cannabis in Teilen legalisiert. Erwachsene dürfen bis zu drei Pflanzen selbst ziehen, und sogenannte Cannabis-Clubs können gemeinschaftlich anbauen. Ziel: den Schwarzmarkt eindämmen und Konsumenten einen sicheren Zugang ermöglichen.
Das Gesetz verfolgt aber auch ein zweites Ziel – den Schutz von Jugendlichen. Gleichzeitig entkriminalisiert es erwachsene Nutzer. Und: Es wirkt sich auf laufende Strafverfahren aus, was viele nicht erwartet hatten.
Erfurter Dealer-Prozess unter Druck
Besonders deutlich zeigt sich das in einem Verfahren in Erfurt. Im Dezember 2023 verurteilte das Landgericht drei Männer wegen des Handels mit 600 Kilogramm Marihuana und mehreren Kilo Methamphetamin. Die Hauptangeklagten erhielten Haftstrafen von zwölf und zwölfeinhalb Jahren.
Doch die Verteidiger gingen in Revision. Während das Verfahren beim BGH lag, trat das Cannabisgesetz in Kraft – und änderte die Spielregeln. Denn für den Handel mit Cannabis sieht das neue Gesetz niedrigere Strafen vor.
BGH setzt Signal: Neues Recht gilt
Der Bundesgerichtshof hob die Urteile teilweise auf. Begründung: Der mildere Strafrahmen müsse angewendet werden – auch wenn die Taten schon 2020 begangen wurden. Ein juristischer Paukenschlag, denn in anderen Bereichen, etwa beim sexuellen Missbrauch, gilt immer das zur Tatzeit geltende Recht. Dort wurden Strafen mehrfach verschärft, ohne dass dies rückwirkend angepasst wurde.
Im Fall der Erfurter Dealer führte die Entscheidung zu einer Strafverkürzung um jeweils ein Jahr. Auch ein anderer Angeklagter profitierte: Seine Strafe wurde von fünf Jahren und vier Monaten auf vier Jahre und neun Monate reduziert.
Auswirkungen weit über Erfurt hinaus
Die Karlsruher Richter haben damit Klarheit geschaffen: Das Cannabisgesetz ist auf alle noch nicht rechtskräftigen Urteile anzuwenden. Damit sind nicht nur die Verfahren in Thüringen betroffen. Bundesweit müssen Prozesse gegen Drogendealer neu geprüft und zum Teil neu verhandelt werden.
Für viele Verurteilte könnte das deutliche Erleichterungen bedeuten – und für die Gerichte einen erheblichen Mehraufwand.