Die Zahl der Personen, die aufgrund gesundheitlicher Beschwerden im Zusammenhang mit Cannabis ärztliche Hilfe suchen, nimmt stetig zu. Nach einer Schätzung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) befanden sich im vergangenen Jahr rund 250.500 Menschen bundesweit in Behandlung. Das entspricht einem Zuwachs von etwa 14,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zu den häufigsten Diagnosen zählen unter anderem akute Rauschzustände, problematischer Konsum, Suchtverhalten, Entzugserscheinungen und Psychosen.
Seit April 2024 ist der Besitz von Cannabis für Erwachsene in Deutschland bis zu einer Menge von 50 Gramm zu Hause erlaubt. Doch hatte die Teillegalisierung spürbare Auswirkungen? So verzeichnete die KKH allein im Jahr 2023 rund 4.940 Versicherte, die wegen psychischer und verhaltensbezogener Störungen durch Cannabinoide behandelt werden mussten. Auf die Bevölkerung umgerechnet entspricht dies etwa 30 Fällen je 10.000 Einwohner. Deutlich mehr als noch 2019, als dieser Wert bei rund 21 lag.
Junge Erwachsene besonders oft betroffen
Am häufigsten betroffen waren laut KKH jüngere Erwachsene: In der Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen mussten 95 Personen je 10.000 Einwohner therapiert werden. Auch bei den 45- bis 49-Jährigen lag die Zahl mit 45 Fällen relativ hoch.
Eine im Februar 2025 durchgeführte repräsentative Online-Umfrage des Instituts forsa im Auftrag der KKH mit 1.012 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Alter von 18 bis 70 Jahren zeigt zudem: 39 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die Legalisierung den übermäßigen Konsum eher begünstigt hat.
Die KKH spricht sich deshalb für eine frühzeitige Aufklärung über die Gefahren von Cannabis aus. Insbesondere im Interesse von Eltern, die sich Sorgen um ihre Kinder machen.
Alkohol und Tabak weiterhin führend unter den Drogen
Trotz der gestiegenen Aufmerksamkeit für Cannabis bleibt der Konsum von Alkohol und Tabak weiterhin am weitesten verbreitet. Das aktuelle „Jahrbuch Sucht 2025“ der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zeigt: Etwa 7,9 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren trinken Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise. Jährlich sterben rund 47.500 Menschen an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums, und etwa 99.000 Todesfälle lassen sich auf das Rauchen zurückführen.
Cannabis zweithäufigster Grund für Suchthilfe
Laut DHS hat die Nachfrage nach Hilfe bei cannabisbedingten Störungen ebenfalls spürbar zugenommen. Nach Alkoholmissbrauch ist Cannabiskonsum inzwischen der zweithäufigste Anlass für die Inanspruchnahme von Suchthilfeangeboten. Die Zahl ambulanter Behandlungen aufgrund von cannabinoidbezogenen Störungen hat sich im Vergleich zum Jahr 2000 verdreifacht – im stationären Bereich hat sie sich sogar versiebenfacht.
Leichterer Zugang zu medizinischem Cannabis sorgt für Debatte
Durch die Teillegalisierung wurde auch der Bezug von medizinischem Cannabis erleichtert. Es gilt seitdem nicht mehr als Betäubungsmittel, sodass eine einfache ärztliche Verschreibung für die Abgabe in Apotheken genügt. Diese neue Regelung wird jedoch nicht nur begrüßt: Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) forderte kürzlich, den Zugang zu verschreibungspflichtigem Cannabis wieder stärker zu regulieren.
Im Herbst 2025 soll eine erste Evaluation der gesetzlichen Neuerungen erfolgen. Politikerinnen und Politiker der Union haben bereits signalisiert, dass sie eine Rücknahme der seit April 2024 geltenden Teillegalisierung anstreben.