Hanf-Stecklinge oder illegaler Cannabis-Handel? Prozess in Kempten gestartet

Streit um Legalität. Betreiber eines Hanfladens vor Gericht – Staatsanwaltschaft und Verteidigung mit gegensätzlichen Bewertungen

Kempten. Ein 55-jähriger Hanfhändler steht seit Montag in Kempten vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm illegalen Handel mit Cannabis-Pflanzen vor. Er selbst bestreitet den Vorwurf – es sei lediglich um legale Hanf-Stecklinge gegangen. Die rechtliche Bewertung könnte Signalwirkung für ähnliche Fälle in ganz Deutschland haben.

Strafbefehl: Acht Monate auf Bewährung

Dem Angeklagten droht eine Haftstrafe. Laut seinem Verteidiger hätte der bereits ausgestellte Strafbefehl acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung vorgesehen. Der 55-Jährige legte jedoch Einspruch ein – und kämpft nun vor dem Amtsgericht um seinen Ruf und die Legalität seines Geschäfts.

37 beschlagnahmte Pflanzen – Verdacht auf weiteren Verkauf

Im Februar 2025 wurden bei einer Durchsuchung 37 Pflanzen in den Geschäftsräumen des Mannes sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es sich dabei um THC-haltige Cannabis-Pflanzen handelt. Zusätzlich soll der Händler laut Anklage auch danach noch mindestens eine weitere Pflanze zum Verkauf angeboten haben.

Staatsanwaltschaft sieht besonders schweren Fall. Die Anklage lautet auf gewerbsmäßigen Handel mit Cannabis – laut Konsumcannabisgesetz ein besonders schwerer Fall. In diesem Rahmen sieht das Gesetz eine Mindeststrafe von drei Monaten vor. Im schlimmsten Fall droht dem Angeklagten sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Ganz anders sieht das der Paderborner Strafverteidiger Kai-Friedrich Niermann. In einer Stellungnahme erklärte er, bei den Pflanzen habe es sich lediglich um Hanf-Stecklinge gehandelt – also um legales Vermehrungsmaterial, das laut Gesetz nicht unter das Cannabis-Verbot fällt.

„Stecklinge enthalten keinen THC-haltigen Blüten- oder Fruchtstand. Sie sind damit ebenso legal wie Hanfsamen“, so Niermann. Die Beschlagnahme sei daher rechtswidrig, die Ermittlungen haltlos. Er wirft den Behörden vor, mit ihrer Auslegung die klare gesetzliche Regelung zu untergraben.

Auch Hanf.com-Gründer Cerveny im Fokus

Brisant: Bei dem durchsuchten Laden handelt es sich um eine Filiale der bekannten Kette „Hanf.com“. Deren Gründer Wenzel Cerveny, unter anderem bekannt durch ein Cannabis-Projekt in Aschheim bei München, steht ebenfalls im Fokus der Ermittler. Auch in seinem Fall geht es um die umstrittene Einstufung von Hanf-Stecklingen als Cannabis-Pflanzen.

Der Fall verdeutlicht die derzeit noch unscharfen Grenzen zwischen legalem Hanfanbau und strafbarem Cannabis-Handel. Ob Hanf-Stecklinge legal vertrieben werden dürfen, hängt entscheidend von ihrer Auslegung im Rahmen des Konsumcannabisgesetzes ab – und genau hier gehen die Meinungen auseinander. Das Urteil des Amtsgerichts Kempten dürfte daher auch für viele andere Hanf-Händler in Deutschland wegweisend sein.

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