Das von der Ampel-Koalition eingeführte Cannabisgesetz (CanG) verfolgt das Ziel, den illegalen Markt zurückzudrängen. Eine aktuelle Befragung zeigt nun: Viele regelmäßige Konsumenten greifen zunehmend auf legale Bezugsquellen zurück. Besonders beliebt ist dabei medizinisches Cannabis – doch genau diesen Weg möchte die Bundesregierung künftig stark einschränken.
Medizinal Cannabis zunehmend im Visier der Regierung
Seit dem 1. April 2024 ist Cannabis in Deutschland unter klaren Vorgaben legalisiert. Der Ansatz: kontrollierte Produkte sollen die Konsumenten schützen und gleichzeitig die organisierte Kriminalität schwächen. Schon im Vorfeld war dieses Ziel umstritten. Während die Ampel auf Regulierung setzt, lehnt die Union die Legalisierung weiterhin ab und fordert eine Rückkehr zum Verbot. Im Herbst soll die Koalition nun eine erste Zwischenbilanz ziehen.
Parallel trat das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) in Kraft, das Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz herausgelöst hat. Dadurch entstanden zahlreiche Onlineplattformen, die Rezepte für Medizinal Cannabis teilweise nach dem Ausfüllen einfacher Fragebögen ausstellen. Die Bundesregierung plant, diese Praxis zu stoppen – durch ein Verbot der Onlineverordnung und des Versandhandels mit Blüten.
Umfrage: Legale Quellen gewinnen an Bedeutung
Das Institut für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt University of Applied Sciences führte gemeinsam mit der Evangelischen Hochschule Freiburg eine Online-Erhebung unter rund 11.500 Konsumierenden durch. Die meisten Teilnehmenden waren männlich (85,9 %), im Schnitt 37 Jahre alt und konsumierten überdurchschnittlich häufig: 81 % mindestens wöchentlich, 39 % sogar täglich. Die Stichprobe ist nicht repräsentativ, sollte aber gezielt Vielkonsumierende erfassen.
Die Ergebnisse zeigen:
- 88 % nutzten in den vergangenen sechs Monaten überwiegend legale Quellen.
- Vor der Gesetzesänderung lag dieser Wert nur bei 24 %.
- Noch 36,1 % griffen zumindest teilweise auf illegale Anbieter zurück.
- 62,3 % gaben an, selbst angebaut zu haben.
- 43,7 % kauften medizinisches Cannabis in einer (Online-)Apotheke.
Von den Apotheken-Kunden hatten 94 % zwar ein Rezept, mussten die Kosten jedoch selbst tragen. Nur 6 % verfügten über eine Verordnung mit Krankenkassenübernahme. Insgesamt erklärten 53,7 % aller Befragten, Cannabis auch aus medizinischen Gründen zu nutzen.
„Unsere Daten zeigen, dass das Gesetz bereits Wirkung zeigt – der Schwarzmarkt verliert an Bedeutung, da gerade die Vielnutzer zunehmend legale Wege wählen“, betont Bernd Werse, Direktor des ISFF.
Konsumgewohnheiten und Geschlechterunterschiede
Die Befragung liefert zudem Einblicke in die Konsumformen: Der Joint mit Tabak ist weiterhin die häufigste Konsumart, gefolgt von Vaporizern. Jeder fünfte Befragte nutzt auch synthetische Cannabinoide.
Zwischen den Geschlechtern zeigen sich Unterschiede: Zwar konsumieren Frauen insgesamt seltener, doch bei ihnen überwiegen riskantere Konsumformen wie Joints und synthetische Produkte. Zudem beziehen sie Cannabis häufiger aus dem Freundeskreis statt aus Apotheken oder Anbauvereinigungen – und greifen damit öfter auf illegale Quellen zurück.
Konsumorte und rechtliche Sicherheit ebenfalls in der Prüfung
Laut Gesetz ist der Konsum in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr untersagt. Dennoch spielt der öffentliche Raum nur eine untergeordnete Rolle: Fast alle Befragten nannten ihr eigenes Grundstück als bevorzugten Ort, knapp die Hälfte konsumiert zusätzlich auch draußen. Jugendliche hingegen gaben überdurchschnittlich häufig an, Cannabis im öffentlichen Raum zu nutzen.
Viele Konsumierende fühlen sich durch die Legalisierung entlastet: 75 % haben keine Angst mehr vor strafrechtlichen Konsequenzen. Über zwei Drittel würden sich im Bedarfsfall eher professionelle Hilfe suchen.
Cannabis Social Clubs: Langsamer Start
Ein Kernelement des Gesetzes sind die Cannabis Social Clubs (CSCs). Sie sollten ursprünglich die wichtigste legale Bezugsquelle darstellen. In der Praxis jedoch sind die Hürden hoch: Nur 2,5 % der Befragten gaben an, bereits Cannabis aus einem CSC erhalten zu haben.
Ein Jahr nach Einführung waren bundesweit lediglich 293 Vereine offiziell zugelassen – mit maximal je 500 Mitgliedern. Damit könnten theoretisch rund 146.500 Erwachsene versorgt werden. Zum Vergleich: Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums konsumieren in Deutschland rund 4,5 Millionen Erwachsene im Alter von 18 bis 59 Jahren jährlich mindestens einmal Cannabis.